Die Staatsanwaltschaften dehnen derzeit die Betrugsermittlungen im Bereich der privatärztlichen Leistungserbringung aus. Dies erfolgt im Nachgang zum Beschluss des BGH vom 25.1. 2012, Az. 1 StR 45/11. Dort beurteilte der 1. Strafsenat des BGH mit rechtlich gewagter Konstruktion die Abrechnung solcher nicht selbst erbrachter Speziallaborleistungen (M III und M IV) bei Privatpatienten als Abrechnungsbetrug.
Unabhängig davon werden heute noch immer Konstruktionen aufgedeckt, in denen in Rahmen privat- als auch vertragsärztlicher Leistungserbringung bspw. „Luftleistungen“ bzw. „Luftnummern“ regelhaft abgerechnet worden sind, d.h. Rechnungen für Leistungen erstellt wurden, die niemals erbracht worden sind.
Die Konstellationen des Abrechnungsbetruges sind beim Arzt aber weiter gefasst und umschließen maßgeblich folgende weitere Varianten:
- Organisationsmissbrauch einer Praxisgemeinschaft, sog. Gestaltungsmissbrauch (unzulässige Scheinzahlmehrung);
- Abrechnung fehlerhaft delegierter Leistungen (Delegation an nicht qualifizierte Mitarbeiter oder entgegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung, bspw. im Falle einer Ermächtigung);
- falsche gebührenrechtliche Bewertungen erbrachter Leistungen wie Wahl der höher bewerten Leistungsziffer, Leistungssplitting, Täuschen der Prüfstatistik;
- konsequent unwirtschaftliche Behandlungen;
- Nichtberücksichtigung von Rabatten, Boni und sonstigen Vergünstigungen („kick-back“);
- unzulässige Budgeterweiterung durch Scheinpartner.
Für den Vertragsarzt sollten vor dem gesetzlichen Hintergrund der §§ 197 a SGB V und 47 a SGB XI und § 81 SGB V, nach denen Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen Hinweisen auf mögliche Betrugsdelikte nachgehen müssen, die „Alarmglocken“ spätestens dann „läuten“, wenn die Plausibilitätskommission der KV ihn zur Stellungnahme aufgrund einer Auffälligkeit der Abrechnung auffordert, bspw. weil Zeitprofile (Tagesprofile oder Quartalsprofile) auffällig sind oder über 20 resp. 30% gemeinsame Patienten in einer Praxisgemeinschaft festgestellt worden sind. Nun kann jedes falsche Wort in Bezug auf ein Regressverfahren als auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren schaden.
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